01. Juni 2023
EinLADEN!
Oder: Wie im TheaterGrueneSosse Vermittlung und Beteiligung aussehen kann. Ein Projektbericht.
Das TheaterGrueneSosse hat im Frühjahr 2022 einen Laden mit großem Schaufenster in der Innnenstadt gemietet, den EinLADEN.
Ein Laden, in dem es nichts zu kaufen gab und nichts zur Schau gestellt wurde. Keine Sonderangebote, keine Räumungsverkäufe.
Ein Laden als Treffpunkt, als Ort der Zusammenkunft von verschiedenen Menschen, ein Ort, an dem viele teilhaben konnten, der mal Ausstellungsraum war, mal Proberaum, Kinderrestaurant, Werkstatt und Festivalcafé; der durch die Aktionen oder einfach das Dasein von den Teilnehmenden und Besuchenden gestaltet wurde – von denen, die den Laden übernommen haben, probeweise und doch ganz in echt. Improvisiert und von langer Hand geplant.
Wir arbeiten häufig mit Partner*innen zu sammen, wie dem Deutschen Architekturmuseum, der Spielstube Bornheim, oder dem Berufsschulzentrum in Darmstadt. Gemeinsam knüpfen wir Verbindungen, die sich durch ganz Frankfurt ziehen. Wir versuchen, Orte der Öffentlichkeit künstlerisch zu verändern. Wir suchen in Audio walks, künstlerischen Spaziergängen, Leerstandsbespielungen, Off-Road-Parcours und vielen anderen Formaten nach Spielräumen für Kinder, Jugend liche und Familien.
In der Berliner Straße in der Frankfurter Innenstadt stand Anfang 2022 unerwartet ein Laden leer. Ein Laden? EinLaden!, dachten wir, und mieteten ihn kurzerhand als PopUp-Theaterort an. EinLaden braucht natürlich attraktive Angebote, und unsere drehten sich allesamt darum, wie junge Menschen Beteiligung erfahren können: Beteiligung an der Stadt, am Theater, am Kunstmachen. Über 4 Monate stand der EinLaden im Sommer offen für die jungen Ensembles, für Diskussionsveranstaltungen, für Gruppen aus Horten, Schulen, Vereinen und Museen. Ein Knotenpunkt für alle möglichen Linien, die Menschen durch die Stadt spannten.
Das Deutsche Architekturmuseum erforschte von hier aus, wie man „Demokratie bauen“ kann. Und in einem zweiwöchigen Programm in den Sommerferien erforschten über 170 Kinder aus verschiedenen Stadtteilen in Workshops aus unterschiedlichen künstlerischen Sparten die Stadt. Mal sinnlich – kontemplativ beim Töpfern, mal sich in Mut und Wagnis erprobend beim Parcours. Grenzen ausloten, Wahrnehmung schärfen, Stadtraum erobern und besetzen: sichtbar werden! Zur Mittagszeit verwandelte sich der EinLaden in ein Kinder-Restaurant, wo alle gemeinsam an einer langen Tafel speisten.
Während des Festivals Politik im Freien Theater, das im September unter dem Motto „Macht!“ stattfand, wurde unser EinLaden dann dann zum Diskursort. Jugendliche, Expert*innen, und ein interessiertes Publikum tauschten sich bei Veranstaltungen darüber aus, was es heißen könnte, am Theater „beteiligt“ zu sein. Partizipation: Was ist das eigentlich? Was bedeutet das? Und warum sollen plötzlich alle mitbestimmen wollen? Wie kann das funktionieren, welche Hürden müssen überwunden, welche Rahmen abgesteckt werden, um „den Laden zu übernehmen“? Wann ist Partizipation nur Schein? Die jugendliche Theatervertretung des jungen Nationaltheater Mannheim KONNEKTIV* stellte sich vor, und berichtete von ihren Ups and Downs bei dem Versuch, Mitbestimmungsstrukturen an ihrem Theater zu schaffen. Prof. Dr. Christoph Lutz Scheurle stellte den Begriff der Partizipation theoretisch infrage, und Regisseurin Ruth Hengel berichtete von Erfahrungen aus der Weiterbildungspraxis mit Lehrer*innen und Vermittler*innen.
Partizipation, so stellte sich heraus, ist als theoretischer Begriff nur so viel wert, wie die konkreten Praktiken, die damit verbunden sind.
Um den Fragen auch in der Praxis nachzugehen, wurde der EinLADEN zur Basisstation für ein weiteres Projekt: Die „Festival-Tandems“. Jugendliche und Theatermacher*innen besuchten zu zweit ausgewählte Vorstellungen des Festivals, und diskutierten über das Gesehene. Die Jugendlichen hatten im Vorfeld Fragebögen entwickelt, mit deren Hilfe sie aus den erwachsenen Bewerber*innen ihre Partnner*innen wählten. Sie sammelten Fragen an Theaterstücke und entwickelten Spiele und Ideen über Formen des Austauschs. Dabei wurde der Begriff „Augenhöhe“ Ausgangspunkt für vielerlei (In-) Fragestellungen. Wie kann es gelingen, sich trotz eines schon bestehendes Machtverhältnisses einen herrschaftsfreien, kreativen Gesprächs-und Reflexionsraum zu schaffen, der einen produktiven Austausch zulässt? Wie schaffen wir es, das, was wir „Augenhöhe“ nennen, herzustellen – trotz der unterschiedlichen Wissensstände, Erfahrung, Wortschätze, Umgangsweisen mit Theaterstücken, aber auch im Leben? Welche kreativen Methoden eignen sich dafür? Was macht Spaß und bringt uns zueinander?
Abschlussveranstaltung
Den Laden Übernehmen
5. Oktober, 17-19 Uhr
Welche Machtverhältnisse herrschen zwischen jungem Publikum und Macher:innen? Wie lassen sich diese spiegeln, reflektieren und verschieben? Wie kann man zusammen Theater sehen?
Im EinLaden treffen Kinder und Jugendliche und Expert*innen im Bereich Partizipation aufeinander, um über Möglichkeiten und Modelle zu diskutieren, wie junge Zuschauer*innen an der Programmgestaltung im Theater beteiligt werden können. Mittags werden die Ergebnisse unserer intergenerationalen Theaterbesuche zusammengetragen. Im Anschluss folgt die Diskussionsveranstaltung sowie Austausch mit Expert*innen.